Die Berlinale, das Fest der Filme, wird seit dem vergangenen Wochenende in Berlin gefeiert. Nach dem weltweiten Weihnachtsfest, einem Lichtfest, nun das internationale Licht-Spielfest – Grund genug, in dieser Woche nach Berührungen und Zusammenhängen zu fragen, denn von den Bildern leben ja beide…
Zu Beginn will ich erzählen von Charlie Chaplins Stummfilm City Lights – Lichter einer Großstadt von 1931: Er erzählt die Geschichte des kleinen „Tramps“, der aufgrund eines Missverständnisses von einem blinden Mädchen, das am Straßenrand Blumen verkauft, für einen Millionär gehalten wird.
Die Liebe zu dem Blumenmädchen, das die armselige Gestalt des Tramps nicht sehen kann und sich nun in einen Märchenprinzen verliebt, verbietet es Charlie, sich zu erkennen zu geben. Er kommt auf abenteuerliche Weise zu einem großen Geldbetrag, mit dem er dem Mädchen eine Augenoperation ermöglichen kann. Das Gelingen der Operation ist das Ende der Beziehung – Charlie kann sich doch nun dem Mädchen erst recht nicht zeigen. Er beobachtet die ferner denn je gewordene Geliebte durchs Schaufenster des Ladens, in dem sie nun Blumen verkauft. Kichernd schauen die anderen Verkäuferinnen hinaus auf den armseligen Verehrer ihrer Kollegin. Sie geht vor die Tür, um ihm, halb gerührt, halb mitleidig, etwas zuzustecken. Dabei berührt sie ihn – und ihre Hände erkennen ihn! Die Untertitel in der letzten Szene des Stummfilms, in der die Grenze zwischen Rührung und Einsicht vor den Tränen der Zuschauer zu zerfließen beginnt, geben den letzten Dialog wieder: Sie sagt: „You?“ Charlie nickt und fragt: „You can see now?“ – „Yes. I can see now.“ “ Du kannst jetzt sehen?” und, so wird man betonen müssen: “Ja, jetzt kann ich sehen.“
Die Augen des Mädchens sahen nicht, was die Hände „sehen“ konnten. Zum Erkennen wird das Sehen der Hände erst durch das Wiedererkennen, durch die Erinnerung. Wichtige Momente biblischer Heilungsgeschichten sind auf wunderbare Weise verwoben, das Märchenhafte wird in der Liebe real: Zum Sehen bedarf es nicht nur gesunder Augen. Die Hände, die Berührung werden zum Organ der Erkenntnis – und das in einem Film!
Genial, Charlie Chaplin, vielen Dank!