Worte auf den Weg | Mittwoch, 20. März 2019

In wenigen Wochen ist sie da, in diesem Jahr mehr beachtet als sonst, in der Vergangenheit reichlich unpopulär, dabei enorm wichtig – die Europawahl am 26. Mai. Eine Stimmung genereller Gereiztheit bildet den Hintergrund für antieuropäische Propaganda.
Verdrießlichkeit, das Gefühl, das alles schlechter wird, lautstarke Misstrauensbewegungen wollen die öffentliche Stimmung regieren. Fremdenhass plagt den Kontinent. Nun ist die Geschichte der Deutschen aus den unterschiedlichsten Herkünften zusammengewürfelt, doch ständig ertönt der Ruf nach Einheit und Reinheit und (Feinheit?) der Nation.

Carl Zuckmayer erzählt in seinem Theaterstück „Des Teufels General“ typisch deutsche Familiengeschichten:
„Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht. Dann kam ein jüdischer Gewürzhändler, ein ernster Mensch, der vor der Heirat Christ wurde und die katholische Haustradition gründete, dann ein griechischer Arzt und ein keltischer Millionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Offizier Napoleons, ein desertierter Kosak, ein wandernder Bursche vom Elsass, ein böhmischer Musikant und ein französischer Schauspieler -von den Frauen gar nicht erst anzufangen, und alle haben sie geliebt, gerauft, geheiratet und Kinder gezeugt….“ so weit Zuckmayer.

An dieser bunten Pralinenschachtel müsste sich jede deutsch-nationale Partei verschlucken…

Dann kam der Nationalstaat; der ist oft auf Feindsuche, braucht das entsetzliche Freund-Feind-Schema – aktuell unter dem Banner der Nation gegen Europa. Wie seltsam, seine Einheit dadurch zu sichern, in dem man gegen etwas ist. Das verlässlichste Buch, das Leben mit Fremden n(wahr)zunehmen, ist die Bibel. „Ihr sollt den Fremdling lieben“, so lautet, auch statistisch, das am häufigsten genannte Gebot der Bibel, ja, das am häufigsten genannte Gebot. Wie schlagend aktuell ist Luthers Verständnis des 8. Gebotes: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten – Was ist das? Wir sollen Gott fürchten und lieben. dass wir unseren Nächsten nicht belügen, verraten, verleumden oder seinen Ruf verderben, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.“ Wie gedacht, geschaffen und geschrieben für eine Europawahl.

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