Die Erzählungen im Neuen Testament, die von der Begegnung der Jüngerinnen und Jünger mit dem auferstandenen Jesus berichten, spielen entweder in der Abenddämmerung, wenn rasch die Nacht hereinfällt, oder im Morgengrauen, wo man Tag und Nacht noch nicht genau unterscheiden kann – sie sind nicht ganz deutlich, sie bringen Tag und Nacht zusammen, Stunden, in denen man seinen Augen nicht immer trauen kann, in denen auch der Zweifel berechtigt ist. Beweisbar, fotografierbar, mit Händen zu greifen ist diese Wahrnehmung nicht. Keine Erzählung verdrängt die Bezweiflung – „einige jedoch zweifelten“, heißt es am Ende des Matthäusevangeliums. Die vor wenigen Jahren verstorbene Theologin Dorothee Sölle wurde in Amerika oft gefragt: „Are you saved?“ – „bist du gerettet?“. Sie antwortete: „God knows better than you and me!“ – „Gott weiß das besser als du und ich!“
Auch die Jüngerinnen und Jünger Jesu mussten diese Begegnungen erst lesen und verstehen lernen, um zu wissen, dass ihr Herr nicht im Grab geblieben ist und dass die Hoffnung lebt und er bis auf den heutigen Tag aufersteht. Die Tradition nimmt uns nicht den Weg zum Glauben ab. Es bleibt unsere Aufgabe, zwischen Zweifel und Hoffnung, zwischen dem Nicht-genau-erkennen-können und dem Aufgehen der Augen zu leben. Aber Erzählungen können oft helfen, so wie diese von Franz von Assisi: Er bat einmal eine Quelle, ihm von Gott zu erzählen. Die Quelle sprudelte auf, die Wasser wurden wieder ruhig und im Wasserspiegel sah Franz das Gesicht Klaras, der Frau, die er liebte und die ihn liebte. Dann stieß er im Winter auf einen Mandelbaum und bat ihn: Bruder Mandelbaum, erzähl mir von Gott. Der Baum begann, Blüten und Blätter zu treiben. Daraufhin traf er einen alten Mann und bat ihn: Erzähl mir von Gott. Der Alte antwortete nicht und nahm ihn mit in die Stadt, in das Armenviertel. Dort verteilte er Brot aus seinem Sack, und die Leute verteilten es weiter. Endlich sagte der alte Mann: „Unser Brot, unser Vater“. Das Brot wurde nicht alle.
Was von Franziskus da erinnert wird, ist keine moralische Ermahnung – sie hält fest, dass Gott gefunden werden kann. „Er ist antreffbar“, sagt Dorothee Sölle. Die Auferstehung Christi bedeutet nicht, dass Christus nun fort ist in seinen glückseligen Himmel. Sie gibt uns eine Entdeckungsaufgabe: Was hat er mit seinem Satz gemeint: „Ich bin bei euch!“