Janusz Korczak gehörte zu den wenigen Lehrern der Menschheit, die ihre pädagogische Botschaft nicht nur verkündeten, sondern auch mit ihrem Leben bestätigten.
Als jüdisches Kind Henryk Goldszmit 1878 in Warschau geboren, studierte er Medizin, arbeitete als Kinderarzt und wurde unter dem Namen Janusz Korczak ein leidenschaftlicher Anwalt der dem Elend preisgegebenen Kinder. Seine ganze Aufmerksamkeit, sein Denken und Fühlen, seine Phantasie und seine Kraft setzte er ein für die Erniedrigten, seien sie nun klein oder groß, jüdisch oder christlich, deutsch oder polnisch. Er nannte sie das „Proletariat auf kleinen Füßen“.Vor 100 Jahren, im Herbst 1912, bezog er mit Stefania Wilczynska als Haupterzieherin und 85 Kindern ein neu errichtetes „Haus der Waisen“, das „Dom Sierot“. Und immer an seiner Seite „Frau Stefa“. Überlebende sagen: Sie verwirklichte, wovon er träumte. Ihre Hände waren in allem, was dort geschah.
Die Hochschätzung der Kinder in der Bibel und der jüdischen Tradition prägten ihre Praxis, Stefania Wilczynska besuchte oft das damalige Palästina, Korczak fuhr zweimal in das Land der entstehenden Kibbuzim. Über der lebensförderlichen Arbeit beider stehen biblische Worte wie der Psalmvers: „Aus dem Mund der kleinen Kinder und Säuglinge errichtest du ein Bollwerk“ (8,3), das Prophetenwort: „Alle deine Kinder werden Schüler und Schülerinnen Gottes sein…“(Jesaja 54,13). Die jüdische Tradition weiß: „Die Welt besteht nur durch den Hauch des Mundes der lernenden Kinder“ (bSchabbat 119b) oder: „Gebt acht auf die Kinder der Armen, denn von ihnen geht das Wort Gottes aus!“
Für diese Tradition steht Janusz Korczak. Er schrieb über die „Kinder der Bibel“ und verfasste „Gebete eines Menschen, der nicht betet: Allein mit Gott“. Ein Jesus-Wort lebte er geradezu: „Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in Gottes gerechte Welt gelangen…“ (Mt 18,1f.).
In den Waisenhäusern richtete er eine parlamentarischen Selbstverwaltung ein, die die Kleinen vor Willkür, Launen und Despotismus schützen sollten. Wird seine Arbeit Früchte tragen? Einmal schrieb er: „Es war Krieg. Es gab Feuer. Die Bücher Gottes verbrannten; aber – es verbrannte nur das Papier, die Buchstaben flogen davon und leben.“
Das polnische Parlament erklärte das Jahr 2012 zum Korczak-Jahr.