„Das Recht des Kindes auf Achtung“, so lautet der Titel einer grundlegenden Schrift des Warschauer Kinderarztes Janusz Korczak. 1929 hat er sie verfasst unter dem Leitgedanken: „Das Kind ist ein ebenso wertvoller Mensch wie wir“. Das Kind hat Anspruch auf die Menschenrechte, die auf der Achtung der Menschenwürde aufbauen. Philosophen hatten diese Achtung zuvor auch schon betont, doch bei ihnen kann man nur Mensch werden durch Erziehung, bei Korczak heißt es: „Kinder werden nicht erst Menschen, sie sind es bereits.“
Sein revolutionäres Erziehungsprogramm ist in diesem Satz gebündelt – revolutionär, weil hier unser übliches Denken vom Vorrang des Großen vor dem Kleinen radikal gesprengt wird.
Korczak beginnt seine Schrift mit folgenden Worten: „Von frühester Kindheit wachsen wir mit dem Gefühl auf, dass das Große mehr Bedeutung hat als das Kleine. Bewunderung erweckt nur das, was groß ist. Klein – das bedeutet wenig interessant. Kleine Leute, kleine Bedürfnisse, kleine Freuden… Eine große Stadt, eine große Tat, ein großer Mensch – das macht Eindruck. Ein Kind ist klein, sein Gewicht gering, das Kind ist schwach. Durch unser eigenes Beispiel lehren wir, das, was schwächer ist, geringer zu achten…“
Mir der Kritik an der Geringachtung der Kinder führt Janusz Korczak zurück um Zeugnis der Bibel.
Da gibt es ein Profil, das wir in der Kirche allzu oft unbemerkt gelassen haben: Einmal stellt Jesus ein Kind vor seine Jünger und sagt:
„Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.“
Kann man es deutlicher sagen? In jedem unbehüteten, geschundenen, verletzten, aber auch verlausten und verdreckten Kind wird Gott selbst verletzt. Im Gedenken an Janusz Korczak, der vor 70 Jahren mit den Kindern seines Waisenhauses in den Tod ging, geht uns seine Lektion auf: Wir verpassen Gott und verpfuschen unser Leben, wenn wir das Leben auch nur eines Kindes behindern. „Das Recht des Kindes auf Achtung“ – der Aufrichtung dieses Rechts galt Korczaks lebenslanges Streben. Dafür danken wir Gott und bitten ihn, dass diese Achtung unter uns wachse.