Ein schielendes Huhn sah die ganze Welt etwas schief und glaubte daher, sie sei tatsächlich schief. Auch seine Mithühner und der Hahn sah es schief. Es lief immer etwas schräg und stieß oft gegen die Wände.
An einem sehr stürmischen Tag ging es mit seinen Mithühnern am Turm von Pisa vorbei. „Schaut euch das an“, sagten die Hühner, „der Wind hat diesen Turm schiefgeblasen.“ Auch das schielende Huhn betrachtete den Turm und fand ihn völlig gerade. Es sagte nichts, dachte aber bei sich, dass die anderen Hühner womöglich schielten.
Segne, Gott, uns alle mit unseren seltsamen Sichtweisen, segne die schwarzen Schafe und die schrägen Vögel und die bunten Hunde und den Dichter Luigi Malerba, der uns mit dieser Geschichte zeigt, dass alles auch ganz anders sein könnte. Segne die Ruhe dieser Nacht und siehe auch uns an, wie wir sind! Wie sind wir?
Quelle: Luigi Malerba, Die nachdenklichen Hühner, Wagenbach, Berlin 1984