Ich lese einen Text der Berliner Schriftstellerin Katharina Hacker:
„Geschenke
In einer der alten Hinterhofwohnungen lebte ich in Berlin. Klo im Treppenhaus, provisorische Dusche in der Küche, und ich hatte Glück, es gab eine Gasheizung in bei mir; gegenüber die Brandmauer war mit Wein bewachsen. Geld hatte ich wenig, ich übersetzte und schrieb und verdiente fast nichts. Ein Freund überwies mir jeden Monat hundert Mark. Nicht für eine Waschmaschine, nicht für Kleider, auch nicht, um ins Konzert zu gehen, sondern für Geschenke. Ich sollte Geld haben, Geschenke zu kaufen, leichten Herzens.“
Diese beiden letzten Worte „leichten Herzens“ lösen eine Sehnsucht aus in Wochen, in denen wir so viel „schweren Herzens“ tun. In der Bibel ist das Herz das Zentrum des Menschen. Wem das Herz beschwert ist, dem fällt das Leben schwer. Maria, die Mutter Jesus, bewahrt die wichtigsten Erinnerungen in ihrem Herzen. Einen Menschen nicht „leichtsinnig“, sondern „leichten Herzens“ beschenken zu können – gibt es Schöneres?
Unser Vater, schenke uns in dieser Nacht einen leichten ruhigen Herzschlag. Sei mit
allen, deren Herz beschwert ist, rücke sie morgen in unseren Blick.
Quelle: Katharina Hacker, Darf ich dir das Sie anbieten? Minutenessays,
Berenberg Verlag, Berlin 2019 (ohne Seitenzahl)