Zu unseren Zeiten gehört es, dass wir vorsichtig mit anderen und mit uns umgehen.
Eine wunderbare Geschichte über die Vorsicht heißt „Der vorsichtige Träumer“, von Johann Peter Hebel, aus seiner Sammlung „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes“, von 1811, geliebt und verehrt von Goethe bis Brecht. Hebel schreibt formvollendet einfach von anrührenden Charakteren. Hier „Der vorsichtige Träumer“:
„Es gibt doch einfältige Leute in der Welt. In dem Städtchen Witlisbach im Kanton Bern war einmal ein Fremder über Nacht, und als er ins Bett gehen wollte und ganz bis auf das Hemd ausgekleidet war, zog er noch ein Paar Pantoffeln aus dem Bündel, legte er sie an, band sie mit Strumpfbändeln an den Füßen fest und legte sich also in das Bett.
Da sagte zu ihm ein anderer Wandersmann, der in der nämlichen Kammer über Nacht war:
‚Guter Freund, warum tut ihr das?‘ Darauf erwiderte der erste. „Wegen der Vorsicht. Denn ich bin einmal im Traum in eine Glasscherbe getreten. So habe ich im Schlaf solche Schmerzen davon empfunden, dass ich um keinen Preis mehr barfuß schlafen möchte.“
Unser Vater, behüte unseren Schlaf, dass wir morgen wieder alle Vorsicht walten lassen im
Leben mit unseren Nächsten und mit uns.
Quelle: Johann Peter Hebel, Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes, Cotta Verlag,
Tübingen, 1811, S.102f. Erstausgabe einsehbar in der Tübinger Uni-Bibliothek, oder in einer der handelsüblichen Ausgaben!