Die Berliner Schriftstellerin Katharina Hacker denkt über eine Erfahrung nach, die sie in London machte. Sie erzählt:
„In der Untergrundbahn in London fand sich…eine Werbung des Goethe-Instituts: Surprise the Germans, speak their Language. Die Überraschung, in der eigenen Sprache angesprochen zu werden, ist bestimmt so groß wie angenehm. Das Prinzip ist toll. Wörtlich genommen, ist es erstaunlich, dass wir es wenig nutzen… ein paar Sätze Türkisch oder Arabisch können, eine Begrüßung auf Russisch, je nachdem, wo man lebt. Übertragen heißt es, sich in die Sprache des anderen hineinzufinden. Sprache dient der Gegenüberstellung…sie erlaubt es, sich dem anderen anzuähneln, sie ermöglicht es, von seiner Warte zu sprechen. Überrascht finden sich dann die ehemaligen Gegner in einem Schilderhäuschen und betrachten gemeinsam die Landschaft…“ So weit die kleine charmante Friedensvision von Katharina Hacker. In der Bibel gibt es nur je ein Wort, also für Augen, Nase und so fort. Doch für den Mund gibt es viele Worte, weil er das Organ ist, durch das so viel Schlimmes und so viel Gutes hervorgehen können.
Und am Abend dürfen wir ihn schließen…
Unser Schöpfer, lass auch die wirkungsvollsten Worte für heute zu Ende gehen und schenke uns eine gesegnete Schlafenszeit
Quelle: Katharina Hacker, Darf ich dir das Sie anbieten? Minutenessays, Berenberg Verlag Berlin 2019, o.S., 4. Aufl. 18.00 Euro