150 Jahre Potsdam-Bornstedt

Predigt im Gedenkgottesdienst
anlässlich des 150jährigen Bestehen der Kirche in Bornstedt
am 3. September 2006, 10.00 Uhr

Gemeinde Jesu Christi in Bornstedt am 12. Sonntag nach Trinitatis im Jahre 2006 – die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen!
In ausgezeichneter Weise sei sie mit Gottfried Kunzendorf, der hier heute stehen müsste und es nicht kann, weil sein Leib und seine Seele in herzbewegendem Schmerz geschwächt und geschlagen sind. Dies wären seine Stunde und sein Wort – das Wort eines Menschen, der in der Zeit, die ihm bis heute gegeben war und mit den Gaben, die ihm verliehen sind, nur eins gewollt und getan hat, vor Gott und den Menschen das Rechte zu tun – als Bürger Bornstedts, Pfarrer der Gemeinde und Hüter des Friedhofs. Respektvolle Verbeugung, liebevolle Verneigung hin zum Krankenhaus, wo er jetzt seine Gedanken zu uns wendet, wenn er es vermag…

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Schon eingebürgert?

Folglich seid ihr nun nicht mehr Fremde oder Gäste, sondern ihr seid
Eingebürgerte gleich den Heiligen und Hausangehörigen Gottes.
(Epheser 2, 19; Wochenspruch in der Übersetzung der „Liturgischen Texte in gerechter Sprache“)

Was ist neu am Neuen Testament? An Aussagen über Gott, über das, was Menschen geboten ist, ist in der Blickrichtung des Neuen Testamentes nichts neu. Theologie und Kirche haben an Zerrbildern und falschem Zeugnis wider Israel und Altem Testament intensiv gearbeitet. Was Adressatinnen und Adressaten betrifft, ist in der Blickrichtung des Neuen Testamentes alles neu. Es ist verstehbar als die Vermittlung der Gotteserfahrungen Israels an die Welt. So singt das Gesangbuch mit Schalom ben Chorin: „Von dir zu dir mein Schreiten, mein Weg und meine Ruh, Gericht und Gnad, die beiden bist – und immer du.“(EG 237).

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Das Rätsel Rembrandt

Eine Verbeugung zum 400. Geburtstag am 15. Juli

Das Licht kam früh. Kaum zwanzig Jahre alt, malte er sich selbst, noch voller Andeutungen und von wirbelnden Haarbüscheln über der Stirn verborgen, dafür aber vom schräg einfallenden Licht erhellt und erleuchtet. Dies Licht, „Rembrandts Licht“, schnell und hell, leuchtet aufklärend über Prinzen, Bettlern und Bürgern, Windmühlen, Bauernkaten, Bäumen und Büchern. Eine seiner alten Frauen – Lesende alte Frau, 1631, Amsterdam – vielleicht die Prophetin Hannah, wird von Rembrandt tief versunken in die Bibel gezeigt. Sein großes Vorbild Peter Paul Rubens hat auch eine Hannah gemalt bei der Kreuzabnahme. Sie ist von jenem Licht verklärt, das der Körper Christi ausstrahlt. Rembrandts Hannah liest im Licht, das die aufgeschlagene Buchseite der Bibel ausstrahlt.

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Das Wort – Pfingstmontag – 5. Juni 2006

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth
Sacharja 4,6

Zu Pfingsten hat man frei. Heute den zweiten Tag, den Pfingstmontag. Zu Pfingsten macht man keine Geschenke. Zu Pfingsten sucht man nicht in Verstecken. Zu Pfingsten macht man das, wozu man Lust hat. Zu Pfingsten hat man frei.

Tannenbaum und Ostereier findet man zu Weihnachten und am Osterfest in vielen Häusern. Sie erinnern auf ihre Weise an die Natur, in der wir unser Leben verbringen, an die Schöpfung, und manchmal an den Schöpfer. Ein beliebter Roman der alten DDR hieß „Das liebliche Fest“, von Pfingsten war nicht die Rede und jeder wusste, was gemeint war. Lieder im kirchlichen Gesangbuch bitten um der „Liebe Brunst“, die an diesen Tagen Menschen ergreifen soll. Wie gut, dass wir da frei haben…

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Worte für den Tag | Worte auf den Weg | Sonnabend, 22. 4. 2006

„Komm mit“, flüstert die Frau auf der Straße. Sie kann einiges bieten, und sie wird einiges kosten. Verführungen solcher Art appellieren nicht nur an unsere Triebhaftigkeit und Sehnsucht, sie verlangen auch eine angemessene Kalkulation. Sophia heißt die Dame, man darf sie auch mit „Frau Weisheit“ ansprechen. Sie steht in der Nähe des Marktes und lockt die jungen Männer: „Ihr Männer, ich rufe euch zu mir!“. Die Herkunft dieser Frau ist erstaunlich: „Ich bin eingesetzt von Ewigkeit her, schon im Anfang, ehe die Erde war!“ Ihre Verlockungen sind in jeder Hinsicht viel versprechend: „Die Weisheit hat ihr Haus gebaut. Sie hat das Vieh geschlachtet, den Wein gemischt, den Tisch bereitet und nun sendet sie ihre Mitarbeiterinnen aus mit vielen Einladungen: Kommt, esset von meinem Brot, trinkt von dem Wein, verlasst eure Unwissenheit und geht auf den Weg des Wissens, so werdet ihr leben!“

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Worte für den Tag | Worte auf den Weg | Freitag 21. 4. 2006

Die Erzählungen im Neuen Testament, die von der Begegnung der Jüngerinnen und Jünger mit dem auferstandenen Jesus berichten, spielen entweder in der Abenddämmerung, wenn rasch die Nacht hereinfällt, oder im Morgengrauen, wo man Tag und Nacht noch nicht genau unterscheiden kann – sie sind nicht ganz deutlich, sie bringen Tag und Nacht zusammen, Stunden, in denen man seinen Augen nicht immer trauen kann, in denen auch der Zweifel berechtigt ist. Beweisbar, fotografierbar, mit Händen zu greifen ist diese Wahrnehmung nicht. Keine Erzählung verdrängt die Bezweiflung – „einige jedoch zweifelten“, heißt es am Ende des Matthäusevangeliums. Die vor wenigen Jahren verstorbene Theologin Dorothee Sölle wurde in Amerika oft gefragt: „Are you saved?“ – „bist du gerettet?“. Sie antwortete: „God knows better than you and me!“ – „Gott weiß das besser als du und ich!“

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Worte für den Tag | Worte auf den Weg | Donnerstag, 20. 4. 2006

„Von der Auferstehung Christi her kann ein neuer reinigender Wind in die gegenwärtige Welt wehen“, das schrieb der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer aus dem Gefängnis seinem Freund zum Osterfest 1944. Er sprach von der „Vergötzung des Todes“ in seiner Zeit, von „gleichgültiger Lebensverachtung“ und der Sucht, „alles zu erraffen und alles wegzuwerfen“. Je deutlicher die nationalsozialistische Herrschaft uns in den Blick kommt, desto genauer sehen wir die Spur der Vernichtung, die dieses „tausendjährige Reich“ in nur 12 Jahren gelegt hat, Jahren, in denen „das Leben nichts galt“, während die Propaganda „das Leben“ mit Lichtzauber und Mutterkreuz in den germanischen Himmel hob.

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Worte für den Tag | Worte auf den Weg | Mittwoch 19. April 2006

„Der Auferstehungsglaube ist nicht die Lösung des Todesproblems“ – eine hellsichtige Formulierung des Theologen Dietrich Bonhoeffer, die er während seiner Haft notierte. Es ist nicht das Todesproblem, das uns gefangen nimmt, sondern ein Netz von vielerlei schwer fassbaren Todeserfahrungen, die auch nach diesem Auferstehungsfest Ostern uns begleiten. Es sind Abschiede, die uns tief treffen, Abschiede von geliebten Menschen, von vertrauten Orten, von gern geleisteter Arbeit. Abschied zu nehmen von dem, was wir lieben, ist nie leicht. Diese Erfahrungen wirken wie schlecht verheilte Verletzungen, sie schmerzen , sie werfen lange Schatten auf jeden Tag unseres Lebens. Die Bibel hat dafür das Wort „Todesschatten“. Das ist nicht nur Resignation, es ist manchmal, als ob die Flamme der Liebe allmählich erlischt. Fachleute nennen diese Erfahrung Depression, für die Betroffenen aber ist es schwer, einen Namen dafür zu finden.

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Worte für den Tag | Worte auf den Weg | Dienstag 18.4. 2006

Mitten in Paris steht ein großes Haus. Es ist die öffentliche Informationsbibliothek der Stadt. Man benötigt weder Ausweis noch Eintrittskarte, um Einlass in die menschenfreundlichste, abwechslungs- reichste, freieste Bibliothek der Welt zu erhalten. Auf die Besucher – am Tag sind es im Durchschnitt 6300 – warten mehr als 350 000 Bücher, 2500 Zeitschriften und 150 Tageszeitungen aus der ganzen Welt. Gut gelaunt verspricht die Bibliothek, hier fände man nicht „alles über etwas bestimmtes“, sondern „etwas über alles“. Eine wunderbare, riesige, freiheitliche – Arche! Arche ist in der Bibel jener große Kasten, jenes schwimmende blockhausartige Wohnfloß, in das Noah mit seiner Familie und Vertretern aller Lebewesen sich rettete, als die Wasser der vernichtenden Sintflut zu steigen begannen.

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